Fünfzig „Sonnenberger“ mit Kunstgesprächen sind erschienen – Zeit für einen Rückblick.

Erik Neukirchner und Karl Clauss Dietel beim Gespräch über den Großvater von Johann Belz und seine Werke im Garten von dessen Haus im Juni 2010. Foto: Archiv

Der Formgestalter Professor Clauss Dietel hatte 2011 den Anstoß gegeben. Der Sonnenberg sei ein Künstlerviertel, betonte er, erzählte von den Ateliers in alten Buden und zeigte eine Namensliste. Er führte mich zu den ersten zwei Interviews mit den Keramikern Eva und Jan Liebmann an der Palmstraße und dem Bildhauer Erik Neukirchner – verbunden mit der Erinnerung an dessen auf dem Sonnenberg ansässigen verstorbenen Großvater, dem Bildhauer Hannes Belz, Schöpfer des Klapperbrunnens, welchen der Enkel jetzt restauriert hatte.

Weil es so interessant war, wurden die Interviews zu Besuchen mit kleinen Gruppen geöffnet. Wir gehen an den Arbeitsort, fragen nach Was und dem Weg zur Kunst, der Beziehung zum Sonnenberg.

Nach einem Atelier-Umzug besuchten wir einige auch zweimal, wie die Druckgrafikerin Bettina Haller, den Bildhauer Reiner Maria Schubert, die Malerin Irini Mavromatidou. Oder wie beim Künstler-Ehepaar Hanna Remestvenska und Dmytro Remestvenskyy erst beide in ihrer Wohnung und später in Hannas Atelier Masterskaja.

Wir mussten nie lange nach der nächsten Adresse suchen. Dietel oder andere hatten einen Tipp, es war irgendwo zu lesen, es ergab sich aus einem Gespräch. Manche waren bekannt wie Dagmar Ranft-Schinke, der inzwischen verzogene Marian Kretschmer oder der inzwischen verstorbene Maler und Objektkünstler Fritz Schönfelder. Er hatte mit seinen Collagen und den bunten „Deutschen Naivlingen“ an einem Wintertag vor zehn Jahren für uns eine extra Ausstellung in einem leerstehenden Raum neben seinem Atelier aufgebaut. Oder der gleichfalls weggezogene Theater-Fotograf Lazlo Farkas, der sein Atelier Glockenstraße hatte, wo dann das „Fenster in die Erdgeschichte“ ausgegraben wurde. Die meisten waren auf dem Sonnenberg aktiv, oft auch über künstlerische Tätigkeit hinaus. Sie nutzten ihre Wohnungen oder die Atelier-Häuser von Mandy Knospe und Lars Fassmann oder hatten andere Räume gemietet. Mit wenigen Ausnahmen wohnten sie auch im Stadtteil – sicher ein Plus im Unterschied zu Kreativvierteln in andere Städten. Zählen wir sie auf: Franziska Kurz, Sebastian Nikolitsch, Anke Neumann, Anatoli Budjko, Ronald Münch, Lavinia Chianello, Daniel Schneider, Henrike Schmitz, Astrid Blohme, Ahmed Alsaadi, Doreen Grün, Stephanie Brittnacher, Bettina Hain, Martin Lucas Schulze, Simone Michel. Und natürlich Karl Clauss Dietel selbst, der mit seinem Tod 2022 eine große Lücke hinterlassen hat.

Mehrfach wurden Kunst- und Kulturfestivals Teil der Serie, hochkarätige wie die 10. „Begehungen“, bei dem wir am Rande Kontakt zu den Piratenkünstlern in der alten Leistner-Fabrik fanden. Und eine wunderbare Kunst- und Licht-Inszenierung in dem “Lost Place“ an der Stelle des heutigen Netto Tschaikowskistraße erlebten. Svenja Zimmermann lernten wir dort kennen, sahen ihre Gemälde in den beiden Kunst- und Kulturnächten in der Markuskirche und bei einem Einzelbesuch in ihrem Wohnatelier. Und im Festival KuKuMai, was sie mit der Künstlerin SiM in einem Sanierungsobjekt veranstaltet hatten. SiM wiederum präsentierte mit Hellfried Malech in zwei Ausstellungen seine Fotos, bevor der die Galerie denkART gründete. Und damit erst recht den Sonnenberg zum Künstlerviertel machte.

 

Auch Ingrid Burghoff vom „Atelier 8-80“, aus einem Kunstzirkel der DDR hervor gegangen, bringt sich in die Stadtteilzeitung in der neuen Reihe „Dialog mit Bildern“ ein. Im ersten Corona-Winter, als alles fast nur draußen stattfinden konnte, wurde eine Präsentation von zwei „artists in residence“ zum Kunstgespräch genutzt, mit Klara Ravat und Tania Guedes. Sonst werden natürlich die vielen kulturellen Ereignisse, die „Dialog-Felder“, Vernissagen in der Galerie Hinten und im Kaffeesatz, meist in extra Artikeln erwähnt.

Auch Musik kommt vor: im Lokomov die Bands Kokoro und Vokanter, im Bandhaus neben Lidl „AMORF“ und „Purple Sage“, der frühere Kantor Sebastian Schilling und das Geheimnis der Orgel in der Markuskirche, die Geigerin Annekatrin Foulquier und ihre Kollegin Alke Schmidt. Letztere wiederum mit ihrem Mann, dem Puppenspieler Michael Schmidt. Theater oder Ballett waren bisher noch nicht dabei, aber die Filmkunst mit Videograf Tolga Cerci und Guntram Fröbel und seinen „Palmstreetstudios“.

Das nächste Kunstgespräch widmet sich wieder der Musik. Und zwar ist Sebastian Schilling schon seit längerem Geschäftsführer der Mozart-Gesellschaft geworden. Aber er hat jetzt einen Nachfolger als Kantor, der gleich für drei Kirchen zuständig ist. Thomas Stadler lud spontan ein zur Chorprobe. Wir treffen uns am Dienstag, 24. Oktober um 18 Uhr im Gemeindehaus von St. Markus, Pestalozzistraße 3. Eine Stunde haben wir für das Gespräch und erleben dann den Anfang der Chorprobe. Oder möchte jemand gleich da bleiben und mitsingen? Auch das ist möglich.

Im neuen Jahr wieder ein Kontrast: die Layouterin des Sonnenbergers, Kati Hollstein, hat eine Band. Und die spielt am 11. und 12. Oktober 20 Uhr im Spinnbau in einem Theaterstück unter dem Titel „Superbusen“ mit. Klingt das nicht spannend? Schauen wir es uns an und stellen ihr unsere Fragen! Ein Termin wird in der nächsten Ausgabe und online veröffentlicht.

Katharina Weyandt