In der Nähe unseres Ateliers 8-80 liegt der Theodor-Körner-Platz. Dort befindet sich ein kleine Park. Auf dem Weg zum Atelier komme ich oft an ihm vorbei. Je nach Jahreszeit und Wetter konnte ich im Park menschenleer oder auch als Ort der Ruhe und Erholung erleben. Darin spazieren Mütter mit ihren Kinderwagen. Hundebesitzer führen ihre Vierbeiner aus. Auf den Bänken ruhen sich Leute aus oder unterhalten sich miteinander. Kindergruppen durchqueren den Park auf ihrem Weg zur Oberschule „Am Körnerplatz“. Auch unsere Malgruppe hielt sich so manches Mal darin auf. So entstand vor kurzem meine Rötelzeichnung. Was macht den Ort so besonders? Es ist nicht nur die räumliche Nähe zu unserem Atelier. Je nach Standpunkt sind die anliegenden Häuser, die Oberschule, die St. Markuskirche durch den Park zu sehen. Spannend finde ich, die Anlage an sich zu erkunden. Der Park hat eine ungefähre Form eines Rechtecks. In seinem Zentrum befindet sich eine kreisförmig angelegte, bepflanzte Fläche. In dessen Mittelpunkt steht auf einer kleinen Erhebung ein Baum, die „Körnereiche“. Von den Eckpunkten des Parks führen Wege, die wie Diagonalen angelegt sind, zum Zentrum und wieder heraus. Drei der gedanklich entstandenen Dreiecke sind wieder durch Wege unterbrochen. Zwei davon haben Treppen. Eine führt hinab in den Park, die andere hinauf. Diese Wege gehen in runde Formen über. Umzäunte Flächen wechseln mit freien und durch niedrige Geländerumgebenen Flächen ab. Es sind Rasenstücke, ornamentförmig angelegte Hecken, Sträucher, Blumen und Bäume zu finden. Dieser Park mit seiner fast streng geometrischen Gestaltungerinnert mich an einen „französischen Garten“. Er wirkt auf mich wie eine Hommage an die Gestalter der ersten Barockgärten.

 

Petra Pönisch Atelier 8 – 80 e. V.

 

Foto: Stephan Weingart

 

Der Theodor-Körner-Platz verdankt seine Gestaltung wie viele Grünanlagen in Chemnitz dem Stadtgartenbaudirektor Otto Werner. Seit wann gibt es hier aber eine Körnereiche? Schon am 26.August 1863, dem 50. Todestag Theodor Körners, erhielt der Platz seinen Namen und es wurde auf einem Hügel in dessen Mitte eine Eiche gepflanzt. Das Zeremoniell, über das damals die Zeitung berichtete, wäre heute kaum vorstellbar: Die umliegenden Häuser waren mit Fahnen und Blumen geschmückt. Ein Festzug von etwa 4000 bis 4500 Teilnehmern bewegte sich zu dem Platz hin. Sie durchschritten eine Ehrenpforte in der Sonnenstraße, von der sechs weiß gekleidete Jungfrauen, die mit schwarz-rot-goldenen Schärpen geschmückt waren, Blumen auf sie herabstreuten. Nationalistische Reden und Festgesänge schlossen sich an, ehe der Baum gesetzt wurde. In mehreren seiner Gedichte hatte Theodor Körner die „deutsche Eiche“ besungen und er selbst wurde unter einer Doppeleiche in Wöbbelin begraben, nachdem er in einem Gefecht bei Gadebusch tödlich verwundet worden war. Natürlich ist die heutige Körnereiche keine 160 Jahre alt – sie ist wohl bei der Neugestaltung des Platzes gepflanzt worden. Wenn der Baum seine Äste wie in unruhiger, nervöser Bewegung ausstreckt, so hat Petra Pönisch diesen Eindruck in ihrer Zeichnung noch gesteigert. Weitere stattliche Artgenossen umgeben das Halbrund gegenüber von der Markuskirche, dort stand einst ein Denkmal des Dichters, auf sein Schwert gestützt, das nach 1945 spurlos verschwunden ist. Heute erfreuen wir uns immerhin an der Ruhe des Platzes – hofften wir doch, die Zeitenüberwunden zu haben, in der man mit solchen Symbolen die Menschen zu weiteren kriegerischen Heldentaten motivieren wollte.

Stephan Weingart, AG Sonnenberg-Geschichte